
Geschlechtergerechte Sprache und inklusive Schreibweise


Ein Überblick und Leitfaden
Eine inklusive Schreibweise (alternativ auch gendergerechte, gendersensible, geschlechterinklusive, geschlechtsneutrale, geschlechtergerechte sowie nicht-sexistische Schreibweise) will durchdacht sein – insbesondere, wenn diese konsistent angewendet werden soll. Mit den jeweiligen Schreibweisen ist ein Schriftbild gemeint, das die Gleichstellung und die Sichtbarmachung der Geschlechter zum Ausdruck bringt und/oder die Schreib- und Sprechweise in Bezug auf die Kategorie Geschlecht neutralisiert.
Insbesondere im Zusammenhang mit dem Ziel, alle Geschlechter sprachlich zu repräsentieren, bestehen Unsicherheiten darüber, wie die verschiedenen Gendersymbole und Schreibweisen korrekt verwendet und kombiniert werden sollten.
Um Ihnen und Ihrem Unternehmen die Anwendung oder gar die Entscheidung über ein entsprechendes Regelwerk zu erleichtern, bieten wir Ihnen mit dieser Ausgabe unserer News einen Überblick sowie Empfehlungen für eine gendergerechte Schreibweise.
Überblick
Welche Genderformen und -symbole gibt es?
Von der Doppelnennung über Umformulierungen bis zum Genderdoppelpunkt: Lesen Sie hier, welche Genderformen und -symbole sich etabliert haben und welche Vor- und Nachteile diese bieten.
Was machen die Trendsetter? Welche Marken beziehungsweise Industrien haben die gendergerechte Schreibweise bereits übernommen – und welche Form davon?
2021 genderte das Onlinewörterbuch von Duden 12 000 Personen- und Berufsbezeichnungen. Zu den neuen Wörtern im Zusammenhang mit gendergerechter Sprache gehören nun auch «Gendersternchen», «gendergerecht» und «transgender». Ebenfalls neu meint «der Leser» laut Duden «eine männliche Person, die etwas liest». Seit Beginn der COVID-19-Pandemie ist das Gendern in Sprachen ein heisses Thema, zu dem viele Instanzen zahlreiche Meinungen haben. Die NZZ erklärte beispielsweise im Sommer 2021, dass es sich beim Gendern nicht um harmlose Ausdrücke handle, die neu auftreten, sondern um eine politische Agenda, die – wenn möglich – von oben durchgesetzt werden solle, um moralisch zu erziehen.
Beim Gendern gibt es grosse Unterschiede bei den Unternehmen. Lesen Sie hier, welche Varianten am häufigsten verwendet werden und welche Unternehmen ganz andere Wege gehen:
Am meisten Einigkeit herrscht noch bei der Anrede in Stellenanzeigen: Die allermeisten Konzerne setzen hier auf den Zusatz (m/w/d) oder nutzen ihn bewusst in abgewandelter Form (w/m/d). Aus der Reihe fällt der deutsche Technologiekonzern MTU Aero Engines AG, der auch diese Form bewusst vermeidet. «Um wirklich alle Geschlechter anzusprechen», so die Erklärung, nutzt MTU stattdessen die Formel «all genders».
Bei Continental und Symrise achtet man zudem bewusst darauf, schon in der Stellenbeschreibung selbst das generische Maskulinum zu vermeiden und beispielsweise statt «Personalleiter» die neutrale Form «Personalleitung» zu verwenden.
Aber nicht nur die Branche ist entscheidend für das Ausmass der Bereitschaft, genderneutrale Sprache zu verwenden, sondern auch die Grösse der Firma. In ihrer Untersuchung von 2021 kamen der Personaldienstleister Randstad und das Münchner Ifo-Institut zu dem Ergebnis, dass Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitenden ungefähr zur Hälfte sowohl intern als auch extern genderneutrale Sprache nutzen. Bei einer Unternehmensgrösse von 50 bis 249 Mitarbeitenden seien es extern noch 40 und intern nur noch 28 Prozent.
Für die folgenden Kanäle werden die geschlechtsspezifischen Formen hauptsächlich wie folgt verwendet:
Wie schreibt die Schweiz?
Die Texte des Bundes sind geschlechtergerecht zu verfassen. Sie sind so zu formulieren, dass sie weder Frauen noch Männer sprachlich diskriminieren, also so, dass Frauen und Männer sprachlich in gleichem Mass sichtbar gemacht werden. Zum Umgang mit dem Genderstern und ähnlichen Schreibweisen hat die Bundeskanzlei 2021 zudem Folgendes in ihrer Weisung publiziert: «Die Bundeskanzlei ist sich bewusst, dass Menschen, die vom herkömmlichen binären Geschlechtermodell nicht erfasst werden, auch in einer Sprache, die ebenfalls nur zwei Geschlechter kennt, nicht gleich repräsentiert sind wie Frauen und Männer.»
Das Anliegen, eine inklusive Sprache zu verwenden, die keine Person ausschliesst, verstehe sie, hält die Bundeskanzlei weiter fest. Doch aus ihrer Sicht sind typografische Mittel wie der Genderstern, der Doppelpunkt, der Gendergap und der Gender-Mediopunkt «nicht geeignet, diesem Anliegen gerecht zu werden». Zum einen leisteten sie nicht, was sie leisten sollten, zum anderen verursachten sie eine ganze Reihe von sprachlichen Problemen, so die Bundeskanzlei.
Die Kantone handhaben dies teilweise unterschiedlich. Der Kanton Zürich orientiert sich beispielsweise bei der geschlechtergerechten Sprache grundsätzlich an den Weisungen der Bundeskanzlei, verwendet jedoch auch den Genderstern als typografisches Zeichen.
Was sagt die Sprachinstanz?
Meistens empfehlen die Sprachakademien, Texte ganz selbstverständlich für alle Menschen zu schreiben. Um alle Geschlechter gleichermassen anzusprechen und einzubeziehen, ist es wichtig, sie bereits bei der Planung und der Konzeption von Dokumenten, Berichten, Vorlesungen, Ausstellungen und Projekten zu involvieren. Es ist auch wichtig, bei der Auswahl der Bilder verschiedene Menschen zu zeigen und Vielfalt abzubilden.
Im Mai 2022 wurde in Dresden eine Veranstaltung von der Gesellschaft für deutsche Sprache durchgeführt, um die Chancen und Risiken politisch korrekter und inklusiver Sprache zu diskutieren. Ziel war es, individuelle Befindlichkeiten zu erkunden, Hintergrundinformationen über das Für und Wider zu erfahren und Antworten auf die Frage kennenzulernen, was man denn heute eigentlich noch sagen darf. Zusammenfassend kann festgehalten werden: Es darf nur das verwendet werden, was historisch oder kontextuell begründet ist und womit man den Personen in der Kommunikation nicht beleidigend, sondern respektvoll gegenübertritt.
Wie machen wir es bei comtexto?
Beim Korrektorat/Lektorat achten wir konsequent auf gendergerechte Sprache. Falls – wie so oft – nur die männliche Form im Text vorkommt, korrigieren wir nach dem nachfolgenden Muster (Beispiel Deutsch):
- Wir bevorzugen die neutrale Formulierung (Teilnehmende) vor den Doppelformen (Kundinnen und Kunden), da sie alle Geschlechter umfasst.
- Wenn sich keine neutrale Formulierung anbietet («Kundschaft» passt z. B. nicht in jeden deutschen Satz), weichen wir auf die Doppelformen aus (Kundinnen und Kunden). Die Doppelformen können jedoch aufgrund ihrer Länge den Lesefluss stören und stehen deshalb an zweiter Stelle. Bei der Doppelform schreiben wir zuerst die weibliche und dann die männliche Form.
- Bei Stelleninseraten und wenn die Zielgruppe versiert auf gendergerechte Sprache ist, bevorzugen wir bei comtexto an dritter Stelle den Genderstern vor dem Genderdoppelpunkt und dem Gendergap an letzter Stelle. Die Schreibung mit Schrägstrich/Binnen-I verwenden wir bei comtexto nicht.
Im Grossen und Ganzen verschaffen wir uns bei jedem Text zuerst einen Überblick, um herauszufinden, wie oft Geschlechterausdrücke überhaupt darin vorkommen und ob diese auch wirklich alle Geschlechter betreffen. So gibt es beispielsweise männerdominierte Branchen oder Bildlegenden zu Bildern mit einer Gruppe von Männern, die dann selbstverständlich auch nur das männliche Geschlecht tragen sollten (z. B. «Bauarbeiter» in einer Handwerksbroschüre).
Wenn immer möglich wählen wir einheitliche Schreibweisen und vermeiden es, verschiedene Formen (z. B. neutrale Formulierung und Genderstern) im selben Text zu vermischen.
Ein Input zum Genderstern
Der Genderstern hat den Nachteil, dass er im Singular teilweise zu grammatikalischen Problemen führt oder die Lesbarkeit einschränkt, beispielsweise bei der*die Redakteur*in. Dies kann man umgehen, indem man den Genderstern vorwiegend im Plural einsetzt: die Redakteur*innen.
Geschlechtsneutrale Formulierungen gibt es übrigens nicht nur bei Personenbezeichnungen, wie die nachfolgende Tabelle zeigt:
¹ Bei comtexto akzeptieren wir jedoch sowohl im Korrektorat als auch im Lektorat das Wort «Fussgängerstreifen», da
das Hauptwort «Streifen» und nicht «Fussgänger» ist. Gendern im gesunden Masse, lautet unsere Devise.
Genderfokussierte Sprache und Gestaltung im E-Commerce-Bereich
Nach wie vor sind die meisten Onlineshops von Männern für Männer gemacht. Dabei lohnt sich die geschlechterfokussierte Optimierung der Schreibweise und der Gestaltung in mehrfacher Hinsicht. So wird dadurch die Kaufbereitschaft der weiblichen Zielgruppe stärker aktiviert. Zudem erweisen sich Frauen häufig als loyalere Kundschaft. Und da auch Männer ein vermeintlich «weibliches Design» sehr schätzen, erschliesst eine Optimierung gleich beide Seiten.
In unserem kostenlosen Whitepaper (PDF) lesen Sie, wie Sie als Shopbetreiberin oder Shopbetreiber weiteres Potenzial durch eine genderfokussierte Optimierung freisetzen können.