Gendern

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Wie wird in anderen europäischen Ländern gegendert?

Sehr geehrte*r, sehr geehrtes Enby …

Die geschlechtergerechte Sprache bzw. die Ansprache von Personen entsprechend ihrer geschlechtlichen Identität und ihres Geschlechts sind ein wichtiger Ausdruck von Akzeptanz und Respekt. Zudem ist es ein aktuelles Thema, das vielen noch ungewohnt und kompliziert erscheint. Dennoch wird offensichtlich: Gendern ist Teil des gesellschaftlichen Wandels.

Zwischen Genderstern, Binnen-I, Schrägstrich, Unterstrich, Klammer und Plural stellt sich die Frage, welche Rolle die gendergerechte Sprache in anderen europäischen Ländern spielt und was wir für die deutsche Sprache daraus lernen können.

Ändern auf Englisch

Es mag überraschend klingen, aber die Briten/Britinnen und US-Amerikaner*innen sind recht weit vorne und unkompliziert, wenn es darum geht, die Sprache inklusiver zu gestalten. Sicher – sie haben es einfacher, denn anders als im Deutschen gibt es nur einen Artikel, nämlich «the». Und bei Berufsbezeichnungen ist es bereits üblich, die Begriffe, die einen Verweis auf Mann oder Frau haben, einfach zu neutralisieren. Aus «policeman» wurde «policeofficer», aus «fireman» wurde «fireworker» und aus «stewardess» wurde «flight attendant». 

Das in unserer Überschrift verwendete «Enby» kommt übrigens auch aus dem Englischen und ist an die Abkürzung «nb» (nonbinary) angelehnt. Wobei im Englischen immer häufiger «Mx» als geschlechtsneutrale Anrede anzutreffen ist. Genauso wie versucht wird, «ze» als dritte genderübergreifende Alternative zu «he» und «she» zu etablieren.

Ändern auf Französisch

Im Französischen gestaltet sich das Gendern etwas komplexer. Einerseits, weil Französisch grundsätzlich genderintensiver ist und somit auch Adjektive oder Verben gegendert werden müssen. Zudem wird die «Reinheit der französischen Sprache» von der Académie française mit strengem Auge bewacht. Auf deren Initiative wurde in der Debatte um ein in inklusiver Sprache verfasstes Schulbuch «solcherlei Französisch im offiziellen Sprachgebrauch» im Jahr 2017 sogar verboten. Ministerinnen mussten sich als Madame le ministre anreden lassen. Ob es ihnen gefiel oder nicht. 

In der Zwischenzeit hat sich die Académie française allerdings dem tatsächlich praktizierten Sprachgebrauch angepasst. Somit sind nun auch neue weibliche oder genderneutrale Berufsbezeichnungen offiziell erlaubt. So gibt es neben dem «acteur» (Schauspieler) und der «actrice» (Schauspielerin) nun auch die neutrale Bezeichnung «acteure». Bei der inklusiven Schreibform in Sätzen werden in Frankreich Genderpunkte, analog zu den bei uns gebräuchlichen Gendersternchen oder Gendergaps, eingesetzt: «Les femmes et les hommes sont divisé·e·s.» Auch diese Neuerung ist den Kritikerinnen und Kritikern von der Académie ein Gräuel. Sie halten derartige Schreibweisen für schlichtweg unlesbar.

Ändern auf Italienisch

In Italien scheint das sprachliche Gendern kein grosses Thema zu sein. «Die Sensibilisierung ist in der Gesellschaft noch nicht so angekommen», erklärt Teresa Barberio von der Fakultät für Sprach- und Literaturwissenschaften der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Die Politik gehe zwar ein bisschen auf das Thema ein, im wissenschaftlichen Kontext sei die Diskussion aber noch gar nicht derartig präsent. Da diesbezügliche Projekte auch kaum finanziert werden, setzen sich italienische Linguist*innen auch kaum mit gendergerechter Sprache auseinander. 

Auch wenn es für einige Berufe seit längerer Zeit Bezeichnungen für beide Geschlechter gibt, bleibt es bei vielen doch beim Maskulinum. Auch das deutsche Wort «Menschheit» wird im Italienischen sehr häufig mit «der Mann / die Männer» («l’uomo / gli uomini») übersetzt. Gendersternchen, -striche und -klammern werden in Italien nicht diskutiert. Basta.

Ändern im spanischsprachigen Raum

In Spanien selbst verläuft die Diskussion ähnlich wie bei uns. Die Diskussion befasst sich überwiegend mit der Frage, ob der männliche Plural die Frauen miteinschliesst. Grundsätzlich ist das Spanische ähnlich durchgegendert wie das Französische. Allerdings wurde in der patriarchalen Sprachtradition eher das Maskulinum verwendet, sobald unter 1000 Frauen ein Mann zu finden war.

Dies wird heute in der Alltagssprache jedoch längst nicht mehr so akzeptiert. Entweder werden beide Geschlechter genannt oder es wird der Plural verwendet. In der geschriebenen Sprache also mit der Endung «-es» anstelle von «-os» für männliche oder gemischte Gruppen oder «-as» für weibliche Gruppen. Analog zum Genderstern und Gendergap wird in der spanischen Schriftform das @- oder x-Zeichen eingesetzt, um geschlechtergerecht zu kommunizieren. Bei dem einfachen Satz «Alle feiern zusammen» sieht dies dann so aus:

  • (Jungs / «chicos»): Todos celebran juntos
  • (Mädchen / «chicas»): Todas celebran juntas
  • (Neutral): Todxs celebran juntxs. Tod@s celebran junt@s. Todes celebran juntes.

Auch in Spanien steht die Real Academia Española bzw. stehen die Sprachakademien der restlichen spanischsprachigen Länder den Neuerungen, die sich in der Gesellschaft teilweise schon etabliert haben, eher skeptisch gegenüber.

Gendern in Schweden

In Schweden wurde bereits 2015 das genderneutrale Personalpronomen «hen» in die Wortliste der Schwedischen Akademie aufgenommen. Bereits Jahre vor der offiziellen Einführung war der Gebrauch des Pronomens verbreitet, um nicht-binäre Personen zu beschreiben. Auch Berufsbezeichnungen sind weitestgehend neutralisiert. Auch im Schwedischen gibt es Berufe, die auf «-frau» («-kvinna») oder «-mann» («-man») enden. Im Deutschen funktioniert die genderneutrale Variante «-leute» dann allerdings nur im Plural. Die Schwedinnen und Schweden haben «-kvinna» und «-man» einfach durch «-person» ersetzt.

Es ist also gar nicht so einfach, sich immer gendergerecht oder mit inklusiver Sprache auszudrücken. Der Wandel in Sprache und Gesellschaft hat jedoch begonnen. Und sicherlich wird die gendergerechte Sprache einen wichtigen Beitrag dazu leisten, Wertschätzung gegenüber allen Menschen zu zeigen und Stereotypen sowie Rollenklischees aufzuheben.

Unsere Sprachexpert*innen sind bestens mit den Untiefen der gendergerechten Sprache vertraut. So gelingen ihnen Texte, die nicht umständlich gegendert, sondern natürlich, frisch und überzeugend klingen. Gerne beraten wir Sie unverbindlich zu diesem Thema.